Und noch ein vermeintliches Buzzword: Native Advertising. Doch so umstritten die Platzierung bezahlter Inhalte im redaktionellen Umfeld von Nachrichtenportalen auch sein mag – sie haben ganz offensichtlich ihre Wirkung auf Zielgruppen, wie eine aktuelle Studie nahelegt. Allerdings müssen dabei ein paar Regeln beachtet werden. So ist auch hier – wie stets beim Content Marketing – "Mehrwert" das alles entscheidende Stichwort. Trotz aller Ressentiments des Autors …
Beim Thema "Native Advertising" schlagen drei Herzen in meiner Brust: Als Leser mag ich es nicht, wenn man mir als redaktionelle Beiträge kaschierte Internet-Werbung unterzujubeln versucht – und eben dies ja der Kniff bei "Werbung im natürlichen Umfeld", wie es übersetzt in etwa heißt. Nur steht dies normalerweise nicht in aller Deutlichkeit obendrüber. Sondern meist nur "Gesponserter Link", "Ein Service von …", "Das könnte Sie auch interessieren" oder so etwas in der Art. Nicht jeder weiß, was sich dahinter verbirgt, und der eine oder andere übersieht diese oftmals nicht allzu auffälligen Hinweise auch schlichtweg. Gerade im Web passiert das schnell.
Nicht von ungefähr habe ich also auch als Ex-Journalist so meine Schwierigkeiten damit. Immerhin soll hier unaufmerksamen oder unbedarften Seitenbesuchern der Eindruck vermittelt werden, sie würden da gerade etwas lesen, sehen oder hören, was zuvor durch die Hände einer Redaktion gegangen bzw. journalistisch erstellt worden ist. Dem ist jedoch nicht so. Vielmehr handelt es sich bei Native Advertising um redaktionell ungefilterte Bezahlinhalte, die sich allerhand Mühe geben, nicht wie Werbung rüberzukommen.
Verstehen Sie mich aber bitte nicht falsch: Verwerflich ist das im Grunde genommen nicht – es sei denn, man lehnt Werbung grundsätzlich ab. Nur das Moment der bewussten Irreführung stößt mir hierbei etwas sauer auf … Als kritischer Leser und Ex-Journalist, wohlgemerkt. Aber man kann ja auch die Augen offenhalten, was im Internet sowieso stets das oberste Gebot sein sollte.
Alternative zu Werbung und Pressearbeit
Als PR-Dienstleister sehe ich das alles sowieso wieder ganz anders. Denn aus Sicht meiner Kunden ist Native Advertising offensichtlich eine recht wirkungsvolle Alternative zu klassischer Werbung und herkömmlicher Pressearbeit, wie eine aktuelle Studie nahelegt. So haben der Digitalvermarkter Tomorrow Focus Media und der Think Tank Medienmanagement der Hamburg Media School kürzlich Leser-Reaktionen auf vom Hotelportal HRS gesponserte Inhalte im deutschsprachigen Nachrichtenportal der Huffington Post untersucht. Eines der Ergebnisse der Neurotion-Studie: Die Probanden beschäftigten sich mit den von HRS bezahlten Inhalten intensiver als mit einem beliebig ausgewählten redaktionellen Beitrag. Was mich persönlich schon einigermaßen überrascht hat.
Ok, nun lassen solcherlei Erkenntnisse freilich immer einen gewissen Interpretationsspielraum zu, und manch einer mag sich jetzt ja denken, dass hier Äpfel mit Birnen verglichen wurden. Schließlich wird die Huffington Post hierzulande immer noch sehr kritisch beäugt, und das könnte durchaus einen Einfluss auf das Ergebnis der Studie gehabt haben. Interessant wäre also eine vergleichbare Studie unter Hinzuziehung weiterer Nachrichtenportale. Allerdings würde dies wohl nur wenig an meiner bereits zuvor getroffenen Einschätzung ändern: dass es auch beim Native Advertising letztlich immer auf die Qualität und Seriosität des Contents ankommt. Wie insgesamt beim Content Marketing. Dazu weiter unten mehr.
Platzierung im redaktionellen Umfeld
Klären wir vorher zunächst einmal etwas genauer, was Native Advertising denn nun eigentlich bedeutet: Ähnlich wie bei Advertorials oder "PR-Anzeigen" im Print-Bereich kaufen Unternehmen hierbei einen exakt bemessenen Platz im Umfeld der Online-Berichterstattung des Zielmediums und füllen diesen mit eigenen Inhalten. Es ist also ein Geschäft zwischen dem Unternehmen und der Anzeigenabteilung des Mediums – dessen Redaktion ist entweder nur in beratender Hinsicht involviert, oder aber sie wird gegen einen Aufpreis auf die Produktion des PR-Contents im Sinne des Aufraggebers angesetzt. "PR" übrigens deshalb, weil diese unverdächtiger ist als Werbung – sofern sie gut gemacht ist. Wesentlich ist jedenfalls, dass der Bezahlinhalt von seiner gesamten Machart her so nahtlos wie möglich in die sonstige redaktionelle Berichterstattung eingepasst wird. Sonst würde er ja auch sofort als Werbung wahrgenommen werden. Was eher schlecht wäre.
Um nicht gegen das Wettbewerbsrecht, das Presserecht und den Pressekodex zu verstoßen, muss Native Advertising allerdings "eindeutig" ausgewiesen werden – nur dass in Deutschland (und anderswo) dazu nicht zwingend das Wort "Werbung" verwendet werden muss. Wie bereits oben angedeutet, ist hier eine gewisse sprachliche … nun ja, Flexibilität erlaubt. Ob man das als mediale Zielgruppe nun gut (und fair) findet oder nicht. Aus Anbietersicht dagegen ist das zweifelsohne eine prima Sache, und entsprechend gute Chancen werden dem Native Advertising auch von Branchenexperten wie Klaus Eck attestiert. Klar ist, dass ich als PR-Freelancer und Content-Marketing-Anbieter dabei in erster Linie die Kundenbrille aufhabe. Alles andere ist mein persönliches Problem.
Native Advertising ist kein Freibrief
Zu diesem Blick durch die Kundenbrille gehört jedoch zwingend die vorausschauende Wahrnehmung der Zielgruppenbefindlichkeiten. Heute mehr denn je. So tun sich Inhaltsanbieter selbst beim Native Advertising keinen Gefallen damit, ihre Zielgruppe mit unverhohlen werblichen Inhalten bombardieren zu dürfen. Sprich: Paid Media sollte hierbei nicht als Freibrief für allzu platte Werbung missverstanden werden! Das kommt nicht gut an und ist beileibe nicht das, was Zielgruppen proaktiv im Web 2.0 suchen. Denn dort finden sie heutzutage eine riesengroße Auswahl an für sie relevanten Inhalten – sie können sich also immer auch woanders über das informieren, was sie gerade interessiert. Und schlimmstenfalls sind sie eben schneller weg, als man "Hoppla" sagen kann.
So gesehen geht es also auch beim Native Advertising primär darum, möglichst hochwertige Inhalte bereitzustellen, die Zielgruppen einen sofort erkennbaren Nutzen bieten und sie mit guten Argumenten überzeugen. Statt also von der ersten Zeile an ein Loblied auf das eigene Unternehmen und dessen Produkte und Leistungen zu singen, sollte man sich vorher haarfein überlegen, welche Informationen und Tipps der zuvor per Konzept und Strategie definierten Zielgruppe denn nun tatsächlich einen echten Mehrwert liefern – und die eigenen Unternehmensinteressen dann sozusagen hintenherum ganz charmant damit verknüpfen.
Zusammengefasst: Als Taktik im Rahmen des Content Marketings sollten auch beim Native Advertising die Inhalte konsequent vom Zielgruppennutzen her gedacht werden. Sonst verfehlt man seine Ziele und schmeißt jede Menge Geld zum Fenster raus. Und zwar überwiegend für Hopplas.
P. S. Über die einzelnen Dos und Don‘ts beim Native Advertising können Sie sich übrigens im Blog meines geschätzten PR-Kollegen Stefan Schütz informieren.
Der Autor: Andreas Quinkert ist PR-Freelancer mit den Schwerpunkten Public Relations, Content Marketing, Corporate Blog und Redaktion. Seit 2004 berät und unterstützt er kleine und mittelständische Unternehmen sowie Agenturen in NRW. Sein PR-Blog wurde Ende 2013 ins Leben gerufen und hat sich seither zu einem wichtigen Seitenprojekt entwickelt.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Ihr Kommentar wird zuvor redaktionell geprüft.