Freitag, 21. November 2014

Storytelling: Über die Schwierigkeit, gute Geschichten zu erzählen

Storytelling ist so etwas wie der Porsche der Unternehmenskommunikation. Doch einfach so von Null auf Hundert klappt das mit den guten Storys leider nicht. Davon kann der Autor dieses Beitrags ein Lied singen. Oder besser: eine Geschichte erzählen.


Es  war einmal ein PR-Freelancer, der in seinem Blog einen Artikel über Storytelling in Unternehmen geschrieben und damit einen respektablen viralen Hit gelandet hatte. Seither warteten nicht wenige Leute darauf, dass er endlich auch mal vorführte, wie das alles denn nun in die Praxis umgesetzt aussehen könnte. Manche sprachen ihn sogar direkt darauf an. "Nun, kommt Zeit, kommt Inspiration für angewandtes Storytelling" sagte er sich dann immer. Dennoch stand die Aufgabe weiterhin unerledigt auf seinem Redaktionsplan, und das ließ ihn mit der Zeit ein wenig ungeduldig mit sich selbst werden … 


Der richtige Ansatz


Also setzte er sich eines Tages voller Tatendrang an seinen Schreibtisch, legte ein leeres Blatt Papier vor sich hin und ging im Kopf all die kleinen und großen Geschichten durch, die er seit Beginn seiner PR-Tätigkeit mit Kunden und Kollegen erlebt hatte. Das schien ihm genau der richtige Ansatz für Storytelling zu sein. Schließlich wollte er am Rande ja auch etwas über sich als Dienstleister erzählen, um weiter an seiner Positionierung und seinem Image zu feilen. Nur für die Galerie zu bloggen, das brachte einen nicht weiter – das galt für seine Kunden ebenso wie für ihn selbst. Am Ende des Tages ging es immer ums Geschäft.
Klar, damit das hier klappte, musste natürlich zunächst einmal die Zielgruppe auf ihre Kosten kommen. Ihr galt es einen Mehrwert zu bieten, das hatte er längst verinnerlicht. Daneben hatte er aber auch gelernt, dass dies im Content Marketing nur die halbe Miete ist. Sein Mantra lautete: Hochwertiger Content ist kein Selbstzweck. Inhalte sollten also immer auch den eigenen unternehmerischen Interessen dienen – sonst stand man später womöglich mit leeren Händen da. Was er da aber noch nicht ahnte: Beim Storytelling wurde es dadurch nicht gerade leichter ... 


Die falschen Storys


Das Blatt füllte sich erfreulich schnell mit Ideen und Notizen – die dann ebenso schnell wieder durchgestrichen wurden. Selbst die Anekdote aus seiner Anfangszeit, als er einmal eine Reportage über die Materialprüfer eines führenden Kunststoff-Unternehmens gemacht und dafür mit zwei Doktoren der Physik gesprochen hatte, fiel letztlich seinem Rotstift zum Opfer. Diese ging wie folgt:

PR-Freelancer: Im Grunde genommen tun sie also nichts anderes, als den ganzen lieben langen Tag Sachen kaputtzumachen?

Doktoren: Ja, so kann man das natürlich auch sehen ...

PR-Freelancer: Fehlt Ihnen denn dann nichts, wenn Sie abends nach Hause kommen?
Wie oft er diese Story nicht schon abends beim Bier zum Besten gegeben hatte! Meist mit gutem Erfolg. Sogar die beiden Doktoren hatten sich mit einer kleinen Verzögerung von zwei oder drei Sekunden vor Lachen ausgeschüttet. Hier passte sie allerdings nicht, wie er sich seufzend eingestehen musste. Nichts von all dem wollte so recht passen, weil stets mindestens eines der zahlreichen Kriterien für Storytelling unerfüllt blieb. Mal war es der Zielgruppennutzen, mal das eigene unternehmerische Interesse, und nicht selten wollte sich einfach keine stimmige Konklusion ergeben. Vor allem aber taugten die meisten seiner Geschichten nichts. Und so zerknüllte er schließlich die über und über vollgekritzelte Seite und warf sie wie immer knapp am Papierkorb vorbei.


Die anderen Gedanken


Zum Glück fiel ihm da ein, was der französische Autor Boris Vian einmal über einen seiner Romane gesagt hatte: "Diese Geschichte ist vollkommen wahr, weil ich sie von Anfang bis Ende erfunden habe." Nun, warum sollte dies nicht auch fürs Storytelling in der Unternehmenskommunikation gelten? Hauptsache die Geschichte ist gut, unterhaltsam und lehrreich – und bringt beiden Seiten was. Unser PR-Freelancer war schon drauf und dran, ein neues Blatt vor sich auszubreiten, als er mitten in der Bewegung innehielt. Nein, sagte er sich, gute Ideen entstehen nicht auf Papier, sondern immer zuerst im Kopf. Und dazu brauchte er jetzt ein bisschen Bewegung, frische Luft und etwas von dieser Musik, wegen derer ihn manche seiner Freunde oft ein wenig schräg von der Seite ansahen.
Er setzte sich also in den Wagen und fuhr die paar Kilometer rüber zu seiner Lieblingsstrecke auf der anderen Rheinseite. Dort am Rheinbogen spazierte er eine Stunde lang bei strahlend-klarem Herbstwetter am kiesigen Ufer entlang, hörte Musik und gab sich viel Mühe, nicht über die schwere Aufgabe nachzudenken, die er sich gestellt hatte. Und das gelang ihm so gut, dass er tatsächlich auf komplett andere Gedanken kam. Indes, eine brauchbare Idee für war immer noch nicht darunter.


Das völlige Loslassen


Tja, tröstete er sich später auf der Heimfahrt, kein Ergebnis ist auch ein Ergebnis, und heute hast du wieder einmal erfahren, dass sich Kreativität nicht erzwingen lässt – weder auf die harte noch auf die weiche Tour. Das war zwar keine neue, dafür aber eine ausgesprochen entlastende Erkenntnis. Manchmal ist es einfach besser, völlig loszulassen und sich eine Auszeit zu nehmen, um dann vielleicht anderntags das Problem lösen zu können. Die Moral von der Geschicht': Gute Storys, die in der Unternehmenskommunikation auf allen Ebenen funktionieren, kann man sich nicht jeden Tag aus dem Ärmel schütteln. Auf Kommando schon mal gar nicht.
Und so fuhr er  ganz entspannt durch die einsetzende Dunkelheit nach Hause, hielt unterwegs kurz an, um sich etwas zu essen, zwei Dosen Budweiser und ein neues Päckchen Tabak zu kaufen. Nur einem aufmerksamen Beifahrer wäre wohl aufgefallen, dass ihm auf den letzten 100 Metern dann ganz plötzlich ein leises Lächeln übers Gesicht huschte. Zu Hause angekommen, schaltete er seinen Computer ein und schrieb den folgenden Satz: "Es war einmal ein PR-Freelancer, der in seinem Blog einen Artikel über Storytelling in Unternehmen geschrieben und damit einen respektablen viralen Hit gelandet hatte …" 

Der Autor: Andreas Quinkert ist PR-Freelancer mit den Schwerpunkten Public Relations, Content Marketing, Corporate Blog und Redaktion. Seit 2004 berät und unterstützt er kleine und mittelständische Unternehmen sowie Agenturen in NRW. Sein PR-Blog wurde Ende 2013 ins Leben gerufen und hat sich seither zu einem wichtigen Seitenprojekt entwickelt.

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