Unter "Text" wird heute zumeist eine Leistung verstanden, die man im Internet für einen Appel und ein Ei bekommt. Genauso sieht es dann oft auch mit dem Ergebnis aus – ganz zu schweigen davon, dass sich der Nutzen von derlei Dumping-Ware eher in Grenzen hält. Ein Rant von jemandem, der aus guten Gründen nicht mehr als Texter auftritt.
Jeder ist ein Texter, und nicht jeder ist ein Texter. Beides wahr. Und zwar so wahr, dass ich vor einigen Monaten die betreffende Teilbeschreibung meiner Tätigkeit als PR-Freelancer aus allen Profilen und aus meinem Portfolio gekickt habe. Endgültig. Ich hatte und habe einfach die Faxen dicke, und jetzt steht da in Ermangelung eines besseren Begriffs neben "Konzept & Strategie", "Public Relations" und "Content Marketing" bis auf Weiteres nur noch "Textredaktion". Ob das letztlich einen Unterschied macht …? Ja, für mich schon. Für Kunden bin ich seither ein externer Redakteur und als Blogger ein Autor. Kein Texter. Und damit basta.
Bevor jedoch Missverständnisse aufkommen: Selbstverständlich zählt das Verfassen hochwertiger und stilistisch ausgefeilter Texte zu meinen Kernkompetenzen als ausgebildeter Journalist für Pressestellen und praktizierender PRler, und das Produkt meiner Arbeit ist in aller Regel textlicher Natur. Ob nun in Form von Konzepten, Presseinformationen oder Content für Print und Web. Manchmal rede ich auch einfach nur mit Kunden und berate sie. Selbst das ist streng genommen nichts anderes als Text.
Aber weiterhin auch unter "Texter" im Markt zu agieren, das bringt mich und andere professionell arbeitende PR-Kollegen nicht weiter. Vielmehr schadet es uns, da sich unter dieser Bezeichnung immer mehr Amateure und Billiganbieter im Web tummeln, die es mit Stil, Orthografie und Interpunktion nicht allzu genau nehmen. Um es mal freundlich auszudrücken. In dieser Krimskrams-Schublade voller Wegwerfware haben wir nichts verloren, und wie ich im Folgenden exemplarisch zeigen werde, tun sich Unternehmen auch keinen großen Gefallen damit, sich daraus zu bedienen.
Billigtexte sind wie faules Obst
Leider sind die Grenzen zwischen dilettantischer und professioneller "Schreibe" in der öffentlichen Wahrnehmung längst bis zur Unkenntlichkeit verwischt. Nicht nur im Bereich der Literatur und des Journalismus', sondern auch in der Unternehmenskommunikation. Hier sehen vor allem kleinere Unternehmen ohne hauseigene redaktionelle Expertise oftmals den Unterschied nicht. Woraus man ihnen natürlich keinen Vorwurf machen kann. Allerdings lassen sich heutzutage allzu viele vom Preis blenden und kaufen bei einschlägigen Text-Discountern ein. Doch oft bekommen sie nur mehr oder minder faules Obst dafür, wie ich aus eigener Erfahrung weiß.
So musste ich vor einigen Jahren für einen Kunden budgetbedingt zwei größere Web-Projekte auf eben diese Weise durchführen. Ergebnis: Mehr als 90 Prozent der rund 150 Kurztexte à 200 Wörter hatten so erhebliche Mängel, dass ich sie teils aufwändig redigieren musste, um sie vorzeigbar bzw. verwertbar zu machen. Das kostete mich im Schnitt 15 Minuten pro Text. Da ich aber überwiegend vor Ort beim Kunden arbeitete und auf Stundenbasis bezahlt wurde, entstand mir dadurch glücklicherweise kein finanzieller Schaden. Draufgezahlt hat der Kunde.
Ohne Endredaktion hätte dieser kurz- bis mittelfristig ohnehin ein Problem bekommen. Denn Websites mit irrelevantem und/oder qualitativ minderwertigem Content stehen bei Google ganz oben – und zwar auf der Abschussliste. Eben darauf ist Googles Zieloptik eingestellt, wenn es darum geht, in den Suchergebnissen die Spreu vom Weizen zu trennen. Soll heißen: Content ist nur dann King, wenn er nicht allzu lumpig daherkommt. Und Google ist nur ein Argument gegen amateurhaft zusammengeschusterte Inhalte für die Unternehmenskommunikation.
Trotzdem wird der Nutzen von Textqualität nach wie vor stark unterschätzt, wodurch die Preise für "klassische" Texter-Leistungen in den Boden gestampft worden sind. Ich für meinen Teil bin da raus und beantworte derlei Anfragen jetzt meist nur noch mit Standardabsagen.
Liaison aus Können und Erfahrung
Das alles ist in etwa so wie mit meinen Lesebrillen: Im ersten Jahr habe ich immer die für Vierfünfundneunzig vom Grabbeltisch getragen – oder besser gesagt: nachgekauft, weil sie stets bei der erstbesten Gelegenheit kaputtgegangen sind. Die für Neunzehnfünfundneunzig indes hält seit vier Jahren (und sieht auch viel schnittiger aus). Es hat sich also absolut gelohnt, einmal etwas mehr Geld auszugeben.
Sie verstehen, was ich damit meine: Ein wirklich guter, individueller und nicht zuletzt fehlerfreier Text, der einem Unternehmen und seinen Stakeholdern einen nachhaltigen Nutzen bringt, ist immer eine Liaison aus Können und Erfahrung und basiert auf einem professionellen Briefing. Daher kostet er auch deutlich mehr als eine Tiefkühlpizza und ein Kasten Bier im Supermarkt um die Ecke. Oder eine "Tüte Sätze" im Internet. Er hat in jeder Hinsicht einen höheren Wert.
Werde ich jedoch von einem potentiellen Kunden mit "Texter" angesprochen, so schalte ich aus den oben angeführten Gründen eigentlich sofort auf Durchzug, da ich weiß, was dann in den meisten Fällen kommt. Alles in allem ist das sehr schade, denn einst war das Texten eine durchaus respektable und entsprechend fair honorierte Tätigkeit. Doch leben kann man davon schon lange nicht mehr.
Wenn ein Kunde hingegen einen externen Redakteur sucht, der nicht nur weiß, wo ein Wort im Satz hingehört, sondern auch mitdenkt und konzeptionell mitgestaltet etc., dann bin ich gerne ganz Ohr. Falls der Preis stimmt. Für alles andere fehlt mir sowohl die Zeit als auch die Lust. Denn ich bin kein Texter im heutigen, leider völlig korrumpierten und ramponierten Sinne des Wortes. Aus meiner Sicht ist dieser Begriff verbrannt.
Der Autor: Andreas Quinkert ist PR-Freelancer mit den Schwerpunkten Public Relations, Content Marketing, Corporate Blog und Redaktion. Seit 2004 berät und unterstützt er kleine und mittelständische Unternehmen sowie Agenturen in NRW. Sein PR-Blog wurde Ende 2013 ins Leben gerufen und hat sich seither zu einem wichtigen Seitenprojekt entwickelt.
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